Zündhölzer – Teil 2

Die Berliner Zeitung hat es schon wieder getan. Sie hat diesmal Giovanna Winterfeldt und Miriam Stein eine Plattform geboten. Es wurden die Reden der beiden von den letzten Corona Demos abgedruckt. Ich hab sie gelesen. Ich könnte im Strahl kotzen.

Frau Winterfeldt behauptet, dass es auf den Demos keine Nazis geben würde. Komischerweise brauchte ich bei den Corona Demos, die an meiner Wohnung vorbei führten nur einen Fuß aus der Tür setzen um Menschen mit White Power Mützen und Thor Steiner zu sehen. Aber jeder sieht was er sehen will und jeder versteht nur, was er verstehen will. Wahrscheinlich mochten die von mir getroffenen Menschen einfach nur die Farbe Weiß und haben eine Affinität zu Valhalla.

Die Demos sein super toll, super divers und niemand wird ausgegrenzt. Hab ich leider auch anders empfunden, als ich im Sommer des Reichtagsstürmchens eine ältere Dame in der S-Bahn verteidigen musste, die von diesen liebevollen Demonstranten auf das drastische verbal attackiert wurde. Eben weil, sie gebeten hat, dass vielleicht die Maske aufgesetzt werden könnte.

Achso ja, und da werden ja auch Impfzentren angezündet, Menschen mit Messern und Schußwaffen verletzt und auch getötet, Drohbriefe versendet und Fackelaufmärsche vor Wohnungen von Politikern veranstaltet. Alles voll friedlich.

Okay, man kann auch nicht sagen, dass jeder Fußballfan ein Hooligan ist, aber man kann sich doch entscheiden, von welchem Verein man Fan ist. St. Pauli oder Dynamo Dresden. Komischerweise hat es Alarmstufe Rot hinbekommen zu demonstrieren ohne sich Unterstüzung von rechts zu holen.

Die Frage ist halt: wer spaltet wirklich? Ich habe noch keine Heilpraktikerpraxis in Flammen aufgehen sehen, oder dass Menschen mit Messern bedroht wurden, weil sie keine Maske trugen. Klar gibt es immer welche, die es ganz genau nehmen. Aber es ist eben ein Unterschied, ob jemand in einem unflätigen Ton um Abstand bittet oder ob man eine Gruppierung unterstützt, die sich radikalisiert.

Zudem bemängelt sie, dass politische Entscheidungen über die Köpfe des Volkes hinweg getroffen werden. Laut Statista.de gehen 60% der Deutschen die Maßnahmen der Corona Pandemie nicht weit genug. Ich bin mir nicht sicher, ob eine Volksumfrage mit diesem Ergebnis sie in ihrer Ansicht umstimmen würde.

Frau Stein folgt dann mit ihrer Rede. Sie ist mir schon auf Youtube unangenehm aufgefallen.

Frau Stein ist der Meinung, dass sie ohne Probleme eine Infektion wegstecken würde, weil sie ja so schlank sei. Menschen mit schwerem Verlauf nehmen teilweise 15, 20, 30 Kg ab. Von ihr wäre dann nichts mehr übrig, dazu noch eine Prise Long-Covid – gar nicht gut. Vielleicht wäre dann ein kleiner Pieks nicht so schlimm gewesen. Aber vielleicht gehört sie zu den genetischen Gewinnern und hätte keinerlei Symptome. Das weiß halt niemand. So wie es aussieht, ist man nicht unbedingt auf der Gewinnerseite, wenn man jung und schlank ist und sich mit schwerem Verlauf mit Corona infiziert.…Ich habe 80-jährige in meinem berufliche Umfeld, die schwere COPD hatten, mit Corona infiziert waren (gab noch keine Impfung zu diesem Zeitpunkt) und für die es wie eine Erkältung war. Daher scheint es etwas genetisches zusein, warum manche Menschen an Corona sterben und manche eben nicht. Andererseits höre ich von meinem Freund aus dem Klinikalltag von Jahrgängen 1988 – 1997 die ohne Vorerkrankungen sterben. Ich höre von vielen Schwangeren, deren Kinder noch geholt werden und die dann an der Infektion sterben. Es wäre schön, wenn davon und zwar von jeder einzelnen einmal etwas in der Zeitung stehen würde. Vom Vater, der jetzt alleine ist und sein Kind groß ziehen muss und vom Kind, dass damit leben muss, dass sein Geburtstag auch immer der Todestag seiner Mutter sein wird.

Wenigstens hat der Tagesspiegel eine Reihe, die über die Berliner Coronatoten berichtet. Man darf jedoch nicht den Fehler machen und sich die Kommentare durchlesen. Denn die sind wirklich abartig.

Ich habe nun mehr 5 Coronatote in meinem Umfeld und ich werde jedes verdammte mal gefragt: Vorerkrankungen? Bestimmt alt, oder? Ich finde schon, dass mein kleinwüchsiger Syrischer Flüchtling, der mit Mutter und Bruder aus Aleppo geflohen ist, nachdem sein Vater erschossen wurde und sein Mutter einen Schlaganfall erlitt noch mindestens 20 Jahre leben hätte dürfen. Der war nämlich erst 40.

Aber zurück zu Frau Stein. Sie bemängelt, dass sie nun nicht mehr ihren Beruf ausüben kann als Ungeimpfte. Nun ja, sie ist Schauspielerin. Man könnte sich ja einfach impfen lassen oder Umschulen, so wie es tausende von Köchen, Hotel- und Restaurantfachleuten, Flugbegleiter oder Eventmanager machen. Nur so ein Vorschlag. PS: Die Gastro und Eventbranche hat übrigens am meisten unter der Unbereitschaft der Impfgegner gelitten. Die waren das übrigens auch mit der Demo Alarmstufe rot. Die ohne Nazis – just saying!

Die mit Ich-Botschaften vollgestopften Reden, werden noch abstruser, wenn wir mal etwas um die Ecke denken. Stellen wir uns die Krankheit doch einmal als Autobahn vor. Die Wissenschaft hat also eine Brücke über diese Autobahn gebaut. Bisschen zugig und löchrig, aber die meisten Leute, die rüber gehen kommen sicher an. Manche fallen jedoch durch ein Loch, aber nur ganz wenige. Die Regierung sagt jetzt also, man solle doch bitte die Brücke benutzen. Frau Winterfeldt und Frau Stein finden das aber eine unverschämte Bevormundung und wollen lieber so über die Autobahn, weil sie jung sind und schnell laufen können. Sie finden es unwahrschenlich, dass sie von einem Auto an- bzw- überfahren werden können. Außerdem kann das auch den Brückengänger passieren, die durch ein Loch fallen. Daher sind Brücken unnutz und spalten die Gesellschaft.

Hört sich komisch an? Ist es auch.

Zum Ende möchte ich einfach sagen: lasst euch doch einfach nicht impfen, wenn ihr nicht wollt. Aber heult doch nicht rum. Noch 1-2 Jahre und dann sind wir hoffentlich damit durch.

Entliebt in Berlin – Teil 1

Vielleicht sind noch ein paar Leser hier von früher. Ich weiß es nicht. Vor ein paar Jahren wurde dieser Blog noch regelmäßig gefüllt. Und dann hörte es irgendwann auf. Zum einen, weil ich mich auf den Bühnen der Stadt rumgetrieben hab, wie einst Sally Bowles. Und meine ganze Kreativität in Kostüme und Auftritte gesteckt habe. Zum anderen, weil ich sehr viel gearbeitet habe. Und leider auch -besonders in den letzten Jahren – ich mich von Berlin doch etwas entliebt habe.

Jede innige Beziehung bekommt irgendwann Risse, wenn sich der eine so extrem ändert. Berlin war für mich immer Zuhause, Heimat, Familiengeschichte. Hier konnte ich auf den Wegen meiner Vorfahren wandeln. Im KaDeWe schuchteln, in Opas Schrebergarten schaukeln, bei Rogacki Fisch essen. War doch meine Familie schon seit mehr als 150 Jaren Berliner Pflanzen. Mit allem was dazugehörte, egal ob Eckkneipe oder Mauerflüchtling.

Doch seit ein paar Jahren geht mir Berlin fremd und hat sich einen neuen Anstrich verpasst. Ich fühl mich nicht mehr so frei in der Stadt. Stattdessen hat sich einiges geändert und nicht zum Besseren. Und darüber möchte ich in dieser Serie schreiben.

Als ich 2004 entgültig im meine jetzige Wohnung zog, da war noch nichts von arm aber sexy Berlin zu hören. Sagte man damals einem Mannheimer oder Bremer man käme aus Berlin, ja dann wurde einem konduliert. Niemand wollte hier her, ausser die üblichen Misfits, die diese Stadt so lebenswert machten. Es standen damals 10.000 Wohnungen leer und es genügte eine Besichtigung und ein Handschlag und schon hatte man eine Wohnung.

Heute lebt man mit der perfiden Angst im Nacken, keine Wohnung mehr zu finden, wenn man seine jetzige verlassen muss. Der Mietendeckel hat es nicht besser gemacht und auch dessen Aufhebung nicht. Läuft man durch die Straßen und wirft immer mal wieder blicke auf die Klingelschilder so fällt auf, dass viele keinen Namen tragen. Läßt man seinen Blick aufmerksam schweifen fallen einem versteckt die vielen Zahlenschlößer auf. Hier wohnt keiner mehr – hier wird nur noch gelifestylt.

Durch Wowereits Deklarierung Berlin sei arm, aber sexy hat die Stadt einen absoluten Boost erfahren. Plötzlich war Berlin (tra)chic, hip, angesagt und gar nicht mehr so proviziell. Zuerst kamen die wirklich Kreativen hierher, der viel für die Stadt getan haben. Aber seit gut 5 Jahren kommt nur noch Kreti und Pleti, wie der Berliner sage würde. Air B’n B ist die größte Pest der Stadt.

Besonders die Lifestyle Hipster, vorallem Western Expats die keine Ahnung von der Stadt haben und herkommen wegen Berghain und nicht um ein Leben hier zu starten. Berlin lebte schon immer von Zugezogenen. Keine Frage. Jedoch kamen diese damals um zu bleiben. Jeder brachte einen Teil seiner Identität mit und so besteht der Berliner Dialekt und auch seine Küche aus einem Babylon der Einflüsse.

Das Problem jedoch an der jetzigen Hipster Getrifizierung – die im Gepäck eine Bucketlist und Instragram Account haben- ist, dass es sehr schädlich ist, dass Menschen für wenige Jahre herkommen, egal welchen Preis für ein Zimmer oder Wohnung bezahlen, im Niedriglohnsektor arbeiten, aber ein finanzielles Polster von den Eltern haben. Living Poverty! Hey seht her, ich habe mein Bett aus Paletten gebaut, trinke Matcha mit Hafermilch und arbeite als Rider bei Gorillas.

Voreiniger Zeit wurde sogar eine Badewanne für 400 € in einer WG angeboten. Mit dem Disclaimer: die anderen Mitbewohner helfen dir beim Aufstehen, wenn sie früh auf Klo müssen. Super für die Tagesstruktur.

Das ist bestimmt super fun für eine Zeit. Aber für Menschen, die diese Stadt tatsächlich am Laufen halten müssen eine absolute Katastrophe. Der Wohnungsmarkt ist quasi leer gefegt. Vereinzelnt werden noch Wohnungen mit WBS angeboten, die ich mir leisten könnte. Ich würde aber keinen WBS bekommen, weil ich zu viel verdiene. Nach obenhin ist natürlich alles offen. Auch für die vielen Flüchtlinge in der Stadt ist es quasi unmöglich aus den Flüchtlingsheimen auszuziehen. Der Berliner Wohnungsmarkt ist kaputt.

In meinem weiteren Bekanntenkreis hat sich langsam rumgesprochen, dass ich meine Wohnung verlassen möchte und von ewig Verschollenen bekomme ich plötzlich Anfragen zur Nachmiete.

Es tut weh, mein geliebtes Berlin so zu sehen.

Zündhölzer

Ich bin genervt von den Medien. Nicht Lügenpresse genervt, nicht genervt, weil es in den letzten Monaten um oft nur Corona ging. Ich bin genervt, weil ich das Gefühl habe, dass jeder Impfdurchbruch irgendeines drittklassigen Promis in der Zeitung steht, Artikel über wirklich seltene Todesfolgen durch Impfungen Gehör finden. Es ist per se gesehen nicht falsch darüber zu berichten, jedoch sind die über 100.000 an Corona gestorbenen hinter einer anonymen Zahl verschwunden mit der Kennzeichnung: Vorerkrankung. Hingegen bekommt die andere Seite ein Gesicht aus Einzelschicksälen. Was an sich kein Problem wäre, wenn diese Berichterstattung nicht Zündhölzer in den Händen der Spalter der Gesellschaft wären.

Ein vor kurzem erschienener Artikel in der Berliner Zeitung, geschrieben von einer Ungeimpften, die sich jetzt theatralisch zu den Bösen zählt, brachte mich auf den Gedanken zu diesem Eintrag. Ich verlinke den angesprochenen Artikel bewußt nicht, weil ich nicht möchte, dass er noch mehr klicks bekommt.

Ich denke, es sollte jedem selbst überlassen sein, ob er sich impfen lässt oder nicht. Je weniger Menschen sich impfen lassen, desto länger werden Maßnahmen dauern. Das sollte jedem klar sein. Ich kann es verstehen, dass es manchen Menschen schwerer fällt Vertrauen in die Evidenz und Wichtigkeit dieser Impfung zu sehen. Auch, wenn diese Menschen zu einer der Generation gehört, die den meisten Nutzen aus Impfungen generell haben. Die meisten von uns sind ohne Polio, Wundstarrkrampf oder Keuchhusten aufgewachsen, aber mit den Impfungen gegen diese Krankheiten. Manche von uns sind sogar in einem Staat geboren, in der es eine Impfpflicht gab und deren Bevölkerung trotzdem nicht zu hirnlosen Zombies oder gar unfruchtbar geworden ist- auch wenn man das, mit Hinblick auf Konversationen in Telegramgruppen, bezweifeln möchte.

Aber egal, ob man sich impfen lassen möchte oder nicht sollte jeder selbst entscheiden und sich auch der Konsequenzen bewusst sein:

Weniger Impfungen: Maßnahmen dauern länger, man hat ein höheres Risiko an Covid schwerer zu erkranken, man kann für eine Zeit nicht mehr an manchen sozialen Aktivitäten teilnehmen.

Was aber extrem nervt ist das Einnehmen einer gewissen Opferrolle: ich darf nicht mehr, ich werde jetzt als Böse tituliert, alle Leute hassen mich.

Wenn die Ungeimpften angeblich gehasst werden, dann müssten ja alle erkennen, dass diese Leute ungeimpft sind. Woran soll man sie also erkennen? Ich denke, man kann sie gut an ihren Schildern auf Querdenker Demos erkennen. Wenn sie ohne Maske und Luftherzchen zeichnend in den Öffentlichen Nahverkehr steigen wollen, Fackeltragend vor Wohnorten von Politikern stehen und einschüchtern wollen, mit Neonazis „Spazieren“ gehen und „Ein Tag so wunderschön wie heute“ singen. Aber auch hier steht nicht der Impfstatus im Vordergrund, weil man möchte nicht ausschließen, dass nicht etwa auch Geimpfte unter den Protestlern sind, sondern die unsolidarische und unmoralische Einstellung.

Unsolidarisch, weil man verlangt als Mensch behandelt zu werden und seine Freiheit auszuleben, es jedoch total legitim findet, dass doch bitte die sogenannten Risikogruppen sich bitte selber schützen. Denn so sind meist die Menschen, die die meiste Soldarität von anderen verlangen, aber selbst keine für andere haben.

Wo kämen wir denn dahin, wenn auf einmal die Rollstuhlfahrer auf die Straße gehen würden, oder die Krebspatienten, oder die Menschen mit Depressionen oder geistiger Behinderung, Menschen die auf eine Unterleibs-OP warten, damit das schmerzende Myom entfernt wird, Transmenschen, die auf ihre lang ersehnte OP noch ein Jahr länger warten müssen demonstrieren würden, dass doch bitte die Querdenker zu Hause bleiben sollen, wegen Gesundheitssystem und so. Sowas – das wäre ja voll unsolidarisch. Danach würde das Argument, auch vor der Pandemie war das Gesundheitssystem überlastet kommen. Ja, das war es, aber man muss es ja nicht schlimmer machen, als es ist. Sollte jetzt wider ein Attentat oder Umweltkatastrophe in den Regionen mit hoher Krankenhausauslastung kommen, was wäre dann?

Von Solidarität keine Spur, außer es geht um Solidarität für sie und Kaffee umsonst bei Waffelläden.

Des Weiteren fällt es mir schwer für eine von Personen selbst gewählte Position Mitleid aufzubringen. Okay, man möchte sich nicht impfen lassen, aber dann lebe für eine Zeit mit den Konsequenzen. Diese Maßnahmen werden nicht den Rest des Lebens dauern, sondern nur die Zeit der Hochphase der Pandemie. Wenn du daran etwas ändern willst, dann lass dich impfen. Wenn du willst. Wenn nicht, dann warte. Auch okay.

Mir tun eher die Menschen leid, die nichts an ihrer Situation ändern können und eben auf ihre Behandlung warten. Und das halt auch für dich.

De Freiheit des einen ist immer die Unfreiheit eines anderen.

PS: Ich bin selbst geimpft und bleibe auch zu Hause, weil ich weiß, dass man sich trotzdem anstecken kann und eventuell einen schweren Verlauf haben kann. Nicht muss. In zwei Jahren wird alles wieder anders aussehen und Maßnahmen nicht mehr nötig sein. Vielleicht auch in einem Jahr, vielleicht in drei. Hängt halt davon ab, wie wir uns verhalten.

danke.

Es ist August 2020 und ich fahre in meinem Babuschka Kleid mit meinem Fahrad über die heißen Straßen Moabits nach Hause. Ich denke vor mich hin, ganz laut in meinem Kopf, diese neun Kilometer haben mein Herz und mein Kopf einen Dialog.

Warum schaffe ich es nicht? Warum ich? Warum immer passiert das Gleiche?, klagt das Herz und ist ganz verzweifelt auf der Biographie die nun folgt: grad erst auf der Party einer Freundin von ihrem Mann betatscht, das Frühjahr geprägt durch eine traumatisierende Erfahrung durch einen Psychopathen, das Wiedersehen mit dem Poeten der wortgewandt entschwand wie eh und je.

Es reicht, sagt der Kopf an der Ecke Elberfelder/ Alt-Moabit, du musst dich auf etwas neues Einlassen. Zehn Jahre sind genug. Und er hat recht. Zehn Jahre nur Liebschaften und Sehnsüchte. Wer denkt Sehnsucht sei kein Gefühl, der hat noch nie gesehnsüchtet. Dieser beißende, zerrende Schmerz von allem was nicht war, aber hätte sein können. Von zu viel reininterpretieren, in jede Berührung, jeden Blick, jede Geste, jeden Fick.

Es gibt Menschen, die sind verliebt in die Liebe und zu einem guten Teil in sich selbst. Ich bin verliebt ins Leiden. Ich bin ein Masochist…Aber auch ein Schlußstrichler.

Und so kommt es, dass ich mir ein letztes Mal eine Ding-App herunterlade. Einen Text schreibe der ist wie ich bin, Bilder nehme, die mich zeigen und nicht wie ich sein wollen würde. Dann traue ich mich jemanden anzuschreiben. Nicht mit Hej du auch hier, sondern ich stelle eine Frage: Was ist dein Liebligssong aus den 80ern, der dir ein bisschen peinlich ist.

Menschen die antworten, dass Ihnen nichts peinlich sei oder Heavy Metal Songs schicken werden kategorisch aussortiert – weil sie meinen Humor nicht verstehen. Und dann kommst du. Du schickst gleich 3 Lieder, davon ist eins Belinda Carlise „Leave a light on“. Du bist grade nach Berlin gezogen – du bist Arzt. Ich denke, er will bestimmt keine Tattowierte Hobbystripperin, er will bestimmt nur Golf spielen. Doch so kann man sich täuschen.

Dann schreiben wir den ganzen Tag, telefonieren 4 Stunden, treffen uns einen ganzen Abend und die halbe Nacht und sind seit dem unzertrennlich. Und plötzlich ist alles wie es sein soll. Keine Sehnsucht, sondern Beständigkeit. Kein Verbiegen, einfach Sein, keine Sorge, sondern Zukunft.

Und still und leise denkt mein Kopf vor sich hin und mein Herz spricht aus: Danke, an alle Idioten, die mir einen Korb gegeben haben. Denn ohne Euch, hätte ich nicht diesen Mann getroffen. Danke an den Spinner, der meinen Geburtstag zum Anlass genommen hat mich zu verlassen. Danke, an den echten Amerikaner, er lieber ins Gym ging als sich mit mir zu treffen. Danke an den ungarischen Horst Buchholz, dass ich erst von seiner Freundin erfahren habe, als sie heimlich meine Nachrichten las und ihn bloßstellte, er sie aber trotzdem geheiratet hat. Danke an den Poeten, dass er sich nie geändert hat. Und danke an Ch., weil er immer da war, auch wenn er nicht da war.

Nichts würde so sein, wie es jetzt ist, wenn es nicht so gewesen wäre wie es war. Jetzt habe ich für die Zukunft unterschrieben, Koffer sind gepackt und bald verlasse ich gewohnte Gefilde. Doch eins möchte ich noch sagen, denn ich weiß, dass sie manchmal noch an mich denken werden:

„My last request it is Say you’ll remember me standing in a nice dress
Staring at the sunset, babe, Red lip
s and rosy cheeks

„I would rather be ashes than dust! I would rather that my spark should burn out in a brilliant blaze than it should be stifled by dry-rot. I would rather be a superb meteor, every atom of me in magnificent glow, than a sleepy and permanent planet. The proper function of man is to live, not to exist. I shall not waste my days in trying to prolong them. I shall use my time.“ – Jack London

 

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