Du bist mir so fremd im Sonnenschein. Wenn deine Straßen überflutet sind mit all den Menschen, den Protagonisten, den Prokastinateuren, den Stylomaten und Möchte-gern-Berlin-Erfindern. Es bewegt sich eine homogene Armee auf deinen Strassen, gestylt in schwarz, bewaffnet mit Unattraktivität. Sie sind fröhlich, sie sind unterkühlt, sie sprechen englisch. Längst ist es normal, seinen Kaffee nicht auf deutsch zu bestellen. Touristen flippen aus an Hand der Internationality – meine Oma gehört nicht mehr hier her. Die Berliner Strassen, auf denen ich meine ersten Schritte als Kind machte, auf denen ich mit meinem ersten Fahrrad herumfuhr, liegen ganz tief unter den Sonnenstrahlen, dem dicken Staub und Fußgetrampel von tausend Touristen. Nie fühle ich mich einsamer, als bei Sonnenschein auf Berlins Strassen. Fühle mich unsichtbar, will unsichtbar sein. Alle Menschen um mich rum, sind so weit weg. Ich kann sie nicht berühren, ich kann nicht mit ihnen reden.
„In deiner Stadt leben über drei Millionen
Und du bist heute Nacht unterwegs
Um zu schauen ob unter diesen drei Millionen
Jemand ist der dich versteht“*
Sie können mich trotzdem sehen, wenn sie wollen. Wundern sich vielleicht. Ich bin allein unter 3 Millionen.
„Liebe suchen
Jemand suchen
Alles abgesucht und niemand gesehen
Wach bleiben, bitte nicht schlafen
Jemand muss da sein
Der dich versteht“*
Das einsame Gefühl der Überbevölkerung legt sich erst, wenn sich die Sonne hinter schweren Wolken versteckt. Wenn die anderen depressiv werden und sich nach drinnen flüchten, wenn es apokalyptisch kübelweise regnet und sich die Straßen leeren. Wenn man nicht normal ist, weil man den Regen liebt und das Spazieren unter verhangenen Wolken und dicken Tropfen. Ganz allein und nur mit sich.
*Bosse/ 3 Millionen