danke.

Es ist August 2020 und ich fahre in meinem Babuschka Kleid mit meinem Fahrad über die heißen Straßen Moabits nach Hause. Ich denke vor mich hin, ganz laut in meinem Kopf, diese neun Kilometer haben mein Herz und mein Kopf einen Dialog.

Warum schaffe ich es nicht? Warum ich? Warum immer passiert das Gleiche?, klagt das Herz und ist ganz verzweifelt auf der Biographie die nun folgt: grad erst auf der Party einer Freundin von ihrem Mann betatscht, das Frühjahr geprägt durch eine traumatisierende Erfahrung durch einen Psychopathen, das Wiedersehen mit dem Poeten der wortgewandt entschwand wie eh und je.

Es reicht, sagt der Kopf an der Ecke Elberfelder/ Alt-Moabit, du musst dich auf etwas neues Einlassen. Zehn Jahre sind genug. Und er hat recht. Zehn Jahre nur Liebschaften und Sehnsüchte. Wer denkt Sehnsucht sei kein Gefühl, der hat noch nie gesehnsüchtet. Dieser beißende, zerrende Schmerz von allem was nicht war, aber hätte sein können. Von zu viel reininterpretieren, in jede Berührung, jeden Blick, jede Geste, jeden Fick.

Es gibt Menschen, die sind verliebt in die Liebe und zu einem guten Teil in sich selbst. Ich bin verliebt ins Leiden. Ich bin ein Masochist…Aber auch ein Schlußstrichler.

Und so kommt es, dass ich mir ein letztes Mal eine Ding-App herunterlade. Einen Text schreibe der ist wie ich bin, Bilder nehme, die mich zeigen und nicht wie ich sein wollen würde. Dann traue ich mich jemanden anzuschreiben. Nicht mit Hej du auch hier, sondern ich stelle eine Frage: Was ist dein Liebligssong aus den 80ern, der dir ein bisschen peinlich ist.

Menschen die antworten, dass Ihnen nichts peinlich sei oder Heavy Metal Songs schicken werden kategorisch aussortiert – weil sie meinen Humor nicht verstehen. Und dann kommst du. Du schickst gleich 3 Lieder, davon ist eins Belinda Carlise „Leave a light on“. Du bist grade nach Berlin gezogen – du bist Arzt. Ich denke, er will bestimmt keine Tattowierte Hobbystripperin, er will bestimmt nur Golf spielen. Doch so kann man sich täuschen.

Dann schreiben wir den ganzen Tag, telefonieren 4 Stunden, treffen uns einen ganzen Abend und die halbe Nacht und sind seit dem unzertrennlich. Und plötzlich ist alles wie es sein soll. Keine Sehnsucht, sondern Beständigkeit. Kein Verbiegen, einfach Sein, keine Sorge, sondern Zukunft.

Und still und leise denkt mein Kopf vor sich hin und mein Herz spricht aus: Danke, an alle Idioten, die mir einen Korb gegeben haben. Denn ohne Euch, hätte ich nicht diesen Mann getroffen. Danke an den Spinner, der meinen Geburtstag zum Anlass genommen hat mich zu verlassen. Danke, an den echten Amerikaner, er lieber ins Gym ging als sich mit mir zu treffen. Danke an den ungarischen Horst Buchholz, dass ich erst von seiner Freundin erfahren habe, als sie heimlich meine Nachrichten las und ihn bloßstellte, er sie aber trotzdem geheiratet hat. Danke an den Poeten, dass er sich nie geändert hat. Und danke an Ch., weil er immer da war, auch wenn er nicht da war.

Nichts würde so sein, wie es jetzt ist, wenn es nicht so gewesen wäre wie es war. Jetzt habe ich für die Zukunft unterschrieben, Koffer sind gepackt und bald verlasse ich gewohnte Gefilde. Doch eins möchte ich noch sagen, denn ich weiß, dass sie manchmal noch an mich denken werden:

„My last request it is Say you’ll remember me standing in a nice dress
Staring at the sunset, babe, Red lip
s and rosy cheeks

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